Rücktritt für den Fortschritt

Spiralförmige Karrieremodelle als Innovationsmotor. Ein Beitrag von Bernhard Münster, Senior Product Manager, Haufe Gruppe.
Bernhard Münster
Bernhard Münster; Senior Product Manager; Haufe Gruppe
Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Beitrag

Innovation ist nicht erst seit gestern Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg von Unternehmen. Wohl aber hat sich durch aktuelle Entwicklungen, allen voran die digitale Transformation, die Bedeutung von Innovation grundlegend verändert. Durch disruptive Marktveränderungen müssen Unternehmen heute neue Produkte deutlich schneller auf den Markt bringen und viel radikaler denken, als sie es bislang taten. Doch starre Strukturen, wie sie in vielen Organisationen aktuell noch bestehen, bremsen den Erfindergeist der Mitarbeiter meist stark ein. Firmen brauchen daher ein agiles Organisationsdesign, das die Öffnung des Innovationsprozesses erlaubt. Open Innovation lautet das Stichwort – also die Einbeziehung mehrerer Stakeholdergruppen, um einen möglichst großen Ideenpool zu generieren. Möglich wird das nur, wenn Zusammenarbeit und Kommunikation auf Agilität, Flexibilität und Kooperation ausgerichtet sind. Moderne Organisations- und Führungsstrukturen sind der Schlüssel für das Innovationsmanagement der Zukunft.

RAUF UND RUNTER STATT GERADEAUS

Beispielhaft dafür steht der Schweizer Software-Pionier Haufe-umantis. Mit Maßnahmen wie Social Recruiting oder der demokratischen Wahl der Führungskräfte setzt die Haufe-Tochter stark auf die Einbeziehung ihrer Mitarbeiter. Agilität lebt Haufe-umantis aber auch bis in die oberste Führungsriege: Mit seinem spiralförmigen Karrieremodell ermöglicht das Unternehmen Führungskräften, strategisch zu arbeiten und trotzdem operative Zusammenhänge nicht aus den Augen zu verlieren. Bestes Beispiel dafür ist Unternehmensgründer Hermann Arnold selbst. Denn er hat ein Experiment gewagt, für das es nicht nur Mut, sondern vielleicht auch ein kleines bisschen Verrücktheit braucht: 2013 ist er freiwillig als CEO zurückgetreten. Und nicht nur das: Statt das Unternehmen zu verlassen, arbeitete er weiter unter seinem Nachfolger. „Ich hatte den Eindruck, dass mein persönlicher Führungsstil weder das Unternehmen noch unsere Software weiterbringt“, erklärt Arnold diesen Schritt. „Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie unternehmerisch denken und handeln – und von den Führungskräften, dass sie mit gutem Beispiel voran gehen.“

MUT WIRD ZUR KERNKOMPETENZ VON FÜHRUNGSKRÄFTEN

Für den ehemaligen CEO bedeutete der Rücktritt zunächst, wieder im Team mitzuarbeiten und dort seine Erfahrungen einzubringen und zu erweitern. Genau das ist der Vorteil der spiralförmigen Führung: „Wir wollen, dass Mitarbeiter Führungsverantwortung übernehmen, nach einer Weile wieder zurück ins Team gehen, beobachten und lernen, um davon gestärkt in die Führung zurückkehren zu können,“ so Arnold. Das aber braucht Mut – und ein Umdenken der Gesellschaft. „Die Rückkehr ins Team darf nicht als Schwäche gewertet werden“, weiß Arnold. „Die bewusste Entscheidung, zurückzutreten, ist ein Zeichen von Stärke – und für den Erfolg von Unternehmen unerlässlich.“ Denn der Wechsel zwischen Team und Führung birgt für Unternehmen, Mitarbeiter und Führungskraft große Potenziale. Arnold selbst konnte dadurch viel über Führung lernen. Sich selbst beschreibt er als den „Pionier, der Wege aufzeigt und zugänglich macht.“ Um diese Wege zu erweitern und auszubauen, war in seinen Augen jedoch jemand anders geeigneter. Sein Nachfolger, so Arnold, habe vieles anders gemacht – aber dabei nicht unbedingt schlechter. Und auch das Team profitiert von den „Rückkehrern“. Denn sie sind ein weiterer Baustein bunt gemischter Projektteams, deren unterschiedliche Erfahrungen und Sichtweisen Kreativität, Ideen und Innovationen fördern. Damit entsteht ein Organisationsdesign, das nichts mit starren, „verstaubten“ Strukturen zu tun hat, sondern durch seine agile Zusammenarbeit bestens gerüstet ist, die Herausforderungen disruptiver und dynamischer Märkte erfolgreich zu meistern.


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