»Wir können uns nicht mehr ausschließlich auf die eigene Innovationskraft verlassen«

Bernhard Schambeck, Head of BMW Startup Garage, erklärt im Interview, warum ein Konzern wie BMW sich bei jungen Startups in aller Welt umschaut. Und was er aus seiner Erfahrung als Gründer einer Craft-Beer-Brauerei für seinen Job gelernt hat.
Bernhard Schambeck, Head of BMW Startup Garage
Bernhard Schambeck, Head of BMW Startup Garage
BMW Startup Garage Beitrag

Bernhard, seit sechs Monaten bist du nun der Head of BMW Startup Garage hier in München. Wie fühlt es sich an?
Teil dieses kreativen und engagierten Teams sein zu dürfen, macht mich stolz und ist wahnsinnig spannend. Jeden Tag stehen wir mit den Top-Startups dieser Welt in Kontakt. Jeden Tag lernen wir interessante Menschen mit außerordentlichen Fähigkeiten kennen. So sind wir am Puls der Zeit und erfahren schnell von den neuesten Trends und Technologien. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen stehen dabei stets die Kundinnen und Kunden: Wie möchten sie sich in Zukunft fortbewegen und was ist für sie die perfekte Mobilitätslösung? Startups helfen uns dabei, die Zukunft der individuellen und nachhaltigen Mobilität noch besser zu verstehen und Lösungen dafür zu finden. 

Erkläre doch kurz das Konzept: Wie funktioniert eure Zusammenarbeit mit den Startups?  
Die BMW Startup Garage ist eine Venture Client Unit. Das heißt, wir wollen Kunde des Startups werden. Voraussetzung dafür ist, dass das Startup eine Technologie anzubieten hat, die einen wesentlichen innovativen Beitrag für unsere Produkte, Services oder Systeme liefert. Unser Fokus liegt dabei auf Early Stage Startups, denn gerade in der frühen Phase geht es für eine junge Firma darum, ihr Produkt oder Geschäftsmodell marktreif zu entwickeln. Dafür braucht es Kunden – am besten solche, die Innovationsführer in ihrem Bereich sind.  Wir wollen der erste Automobil-Kunde für die Startups sein und den Zugang zur Automobilindustrie eröffnen. Im Gegenzug erhoffen wir uns einen frühen Zugang zu den Innovationen.   Kern des Programms ist die Entwicklung eines funktionalen Prototyps im Rahmen eines Pilotprojektes, das für die BMW Group eine relevante Anwendung durchspielt. Bereits für das Pilotprojekt bekommt das Startup einen Auftrag von der BMW Group, eine Lieferantennummer und generiert somit Umsatz. Zudem erklären wir dem Startup im Detail alle relevanten Automotive-Prozesse, helfen beim Aufbau des Netzwerks im Konzern und unterstützen bei der Entwicklung eines Business-Plans, um den nachhaltigen Transfer in die BMW Group zu sichern.

Warum sind Startups für die BMW Group so wichtig?
BMW ist Anbieter für Premium-Mobilität. Premium heißt unter anderem, innovative Produkte und clevere Lösungen anzubieten, die unsere Kunden begeistern. Was uns täglich antreibt, ist die Motivation immer das beste Produkt oder den besten Service auf den Markt zu bringen. Als Technologie-Unternehmen wäre es gefährlich, sich ausschließlich auf die eigene Innovationskraft oder die unserer etablierten Lieferanten zu verlassen. Branchenübergreifende Kooperationen sowie die Zusammenarbeit mit Tech-Startups hilft uns dabei, auch zukünftig unsere Innovationsführerschaft zu sichern.

Was sind Eure Pläne für die Zukunft? Wohin soll sich die BMW Startup Garage unter Deiner Führung entwickeln?
Der Fokus der Zusammenarbeit mit Startups lag bisher stark auf Produkt- und Service-Innovationen. Das wird auch weiterhin der Schwerpunkt unserer Aktivitäten bleiben. Zukünftig wollen wir aber möglichst alle Unternehmensbereiche bei der Zusammenarbeit mit Startups unterstützen. Mein Team und ich haben bereits in diesem Jahr damit begonnen, die BMW Startup Garage zu einer unternehmensweiten Plattform auszubauen. Wir sind in den letzten Monaten stark gewachsen.

Das ermöglicht uns, über Forschung und Entwicklung hinaus weitere Unternehmensbereiche wie Produktion, IT, Sales & Marketing sowie Financial Services bei der Zusammenarbeit mit Startups zu unterstützen. In diese Richtung wollen wir dieses Jahr noch weiter gehen. Außerdem werden wir uns international noch bereiter aufstellen, damit wir tatsächlich sicher sein können, die weltbesten Startup-Innovationen für die BMW Group zu erschließen. Wir haben also noch viel vor mit der BMW Startup Garage.

Wie kann sich ein Startup bei euch bewerben?
Interessierte Startups können sich online bewerben (www.bmwstartupgarage.com). Die Auswahl läuft dann direkt über die BMW Startup Garage, in enger Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen der BMW Group. Persönlich kennenlernen kann man uns auch auf dem Bits & Pretzels Side Event am 1. Oktober 2018 im BMW Lenbachhaus.

Was unterscheidet das Programm der BMW Startup Garage von dem der Mitbewerber?
Die BMW Startup Garage ist eine „bottom-up“ gewachsene Einheit, entwickelt von BMW-Mitarbeitern. Also so ähnlich wie ein Startup innerhalb unseres großen Konzerns. Wir haben uns ganz bewusst dagegen entschieden, die Zusammenarbeit mit Startups an eine externe Beratungsfirma auszulagern. Stattdessen haben wir genau analysiert, was für uns, die BMW Group, wesentliche Erfolgsfaktoren sind, um Innovationen erfolgreich ins Unternehmen zu transferieren. Natürlich haben wir da auch einen Lernprozess hinter uns, und dieser Lernprozess geht kontinuierlich weiter. Wir sind aber sehr zufrieden mit der bisherigen Entwicklung und mit dem, was wir bisher im Unternehmen bewegt haben. Allerdings glaube ich auch, dass hier jedes Unternehmen sein eigenes Konzept entwickeln muss. Es gibt kein Patentrezept. Was funktioniert, hat viel mit der eigenen Unternehmenskultur zu tun – und die verstehen am besten die eigenen Mitarbeiter.

Du hast selbst schon einmal ein Unternehmen/Startup gegründet. Wie kam es dazu?
Oh ja, ich habe mich tatsächlich – etwas fachfremd zwar – am Bierbrauen versucht und eine eigene Craft-Bier-Brauerei gegründet. Bierbrauen war und ist nach wie vor eine Leidenschaft von mir. Ich habe das einige Jahre als Hobby betrieben. Nach und nach wurde das Bier in meinem Wohnort immer bekannter. Durch viel Zuspruch von Freunden und Bekannten habe ich mich dann mit einem Partner zusammengetan und gemeinsam haben wir eine Brauerei gegründet. Dafür habe ich mir bei BMW ein Sabbatical von 6 Monaten genommen, um mich dem Aufbau unserer kleinen regionalen Brauerei zu widmen. Wir sind sehr schnell gewachsen und haben in kurzer Zeit erstaunlich viel erreicht. Nach 1,5 Jahren bin ich dann ausgestiegen – auch, damit ich mich voll und ganz meiner Aufgabe bei der BMW Startup Garage widmen kann. Die Brauerei gibt es aber immer noch. 

Wie profitierst du in deinem heutigen Job von dieser Erfahrung als Gründer?
Ein Startup zu gründen heißt, täglich neue Probleme zu lösen. Du löst ein Problem und stellst danach fest, dass in der Zwischenzeit neue Probleme aufgetaucht sind, für die du ebenfalls Lösungen finden musst. Anders als in einem großen Konzern, ist man im eigenen Startup für alles verantwortlich. Und damit meine ich wirklich alles. Von der Müllentsorgung bis hin zum erfolgreichen Verkauf des Produktes. Solange das Bierbrauen noch ein Hobby war, kümmert man sich nur ums Produkt und den Genuss desselbigen. Als Unternehmer steht man jedoch vor einer Vielzahl von Herausforderungen: ein Vertriebs- und Marketingkonzept muss her, es braucht Branding, Finanzplanung, Qualitätsmanagement, Verkaufsgespräche, Einkauf, Gespräche mit Bürgermeistern und regionalen Politikern, Genehmigungen, Steuerinformationen und so weiter. Das alles zu meistern, war eine lehrreiche und prägende Erfahrung. Und ich kann mich jetzt bei der BMW Startup Garage auch in meine Gegenüber, die ebenfalls vor solchen Herausforderungen stehen, bestens hineinversetzen.

www.bmwstartupgarage.com

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